Gerd Kommer und Christian Thiel im Gespräch

Warum Privatanleger an der Börse kaum Gewinn machen

Christian Thiel

Christian Thiel

13. Januar 2024

Viele Kleinanleger nehmen in ihrem Depot nur einen Bruchteil der Rendite des Marktes mit. Woran liegt das?

Aktienmärkte bringen Anlegerinnen und Anlegern auf lange Sicht rund 7 Prozent reale Rendite nach Abzug der Inflation. So liest man es wieder und wieder auf Finanzblogs. Aber ist das auch tatsächlich so, also in den Depots der Anlegerinnen und Anleger?

Von wegen. Die Aktienmärkte steigen zwar in etwa in dem genannten Tempo, aber die Privatanleger haben nichts davon. Ihr Return ist sehr viel niedriger. Warum? Dieser Frage geht Aaron (Homo Economicus) in einem spannenden Video nach.

Vor einigen Jahren hat eine Studie des großen amerikanischen Finanzforschungsunternehmens DALBAR die Frage des realen Returns in den Depots untersucht. Dabei ging es um die Frage, wie der durchschnittliche Privatanleger (Average Equity Investor) in verschiedenen Zeiträumen (30 Jahre, 20 Jahre, 10 Jahre) tatsächlich abgeschnitten hat. Und dann haben sie diese Zahlen mit der Performance vom S&P 500 verglichen. Das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft:

 

In einem Zeitraum von 30 Jahren kamen Anlegerinnen und Anleger (Average Equity Investor) nur auf eine Performance von 3,66 Prozent – obwohl der Markt (S&P 500) um 10,35 Prozent gestiegen ist. Diese Zahlen sind, anders als die zuletzt genannten, nominell. Die Inflation hat DALBAR also nicht abgezogen.

Wir können das nachholen. Ziehen wir für die Inflation 2,5% pro Jahr ab, dann kommen wir auf einen tatsächlichen Return von nur 1,16 Prozent – während der Index jährlich um 7,85 Prozent gestiegen ist.

Auf Heller und Pfennig

Ich will das Problem, über das wir hier reden gerne noch mit Geldbeträgen verdeutlichen. Ich habe beide Prozentzahlen genommen und ausgerechnet, was aus einer Anlage von 10.000 Euro in dem genannten Zeitraum von immerhin drei Jahrzehnten geworden wäre.

Privatanleger kommen demnach für 30 Jahre auf eine reale Rendite von 41,33 Prozent. Ihr durchschnittlicher Gewinn. 4.134 Dollar.

Die tatsächliche Rendite des Index beläuft sich hingegen auf 865,17 Prozent. Der Gewinn hier: 86.517 Dollar.

Das Fazit dieser Studie: In den Depots der Privatanleger findet sich nur ein verschwindend kleiner Teil der Gewinne, die der Index gemacht hat. Der Index war rund 20 Mal klüger. Buy and hold wäre für sie alle besser gewesen.

Stellt sich die Frage: Wie schaffen es Privatanlegerinnen und -anleger, aus einem möglichen Return von 7,85 Prozent einen von 1,16 Prozent zu machen?

Erstens: Anleger stehen an der Seitenlinie

Für dieses niederschmetternde Ergebnis gibt es zwei entscheidende Gründe: Erstens ziehen sich die Anleger aus dem Markt zurück, wenn er ihnen als zu gefährlich erscheint (wie etwa derzeit). Sie stehen also an der Seitenlinie und steigen erst wieder ein, wenn sie ein gutes Gefühl haben. Ein gutes Gefühl haben sie, wenn am Markt schon lange wieder Optimismus herrscht. Aber dann sind die Kurse bereits sehr hoch. Einen großen Teil des Anstiegs hat der Markt dann hinter sich.

Die schlechte Rendite resultiert also aus dem Versuch der Privatanleger, einen in ihren Augen möglichst günstigen Zeitpunkt für einen Einstieg in den Markt zu finden und bei Problemen schnell wieder auszusteigen (Market Timing).

Zweitens: Anleger traden zu viel

Aaron beleuchtet in seinem Video intensiv den zweiten ganz wichtigen Grund für eine Underperformance gegenüber dem Index: Anleger traden mittlerweile mehr als jemals zuvor. Sie kaufen und verkaufen unaufhörlich. Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass die Rendite mit der Häufigkeit von Käufen und Verkäufen sinkt. Buy and hold hingegen funktioniert für die allermeisten Anlegerinnen und Anleger deutlich besser.

Zum Video von Aaron (Homo Economicus) geht es hier.

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